Bear- oder Bull Steepener?
Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar
Mitte September leitete die amerikanische Notenbank (Fed) die langersehnte Zinswende ein und senkte den Zinskorridor um 50 Basispunkte von 5,00 bis 5,25 Prozent auf 4,50 bis 4,75 Prozent. Anlass dafür war die sich weiter abflauende Inflation, die zusätzlich von einer sich abschwächenden Wirtschaft gefüttert wird. Inzwischen verdichten sich die Anzeichen immer weiter, dass eine Rezession in den USA nicht mehr abzuwenden ist. Das hat Folgen für Europa und die ganze Welt. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mehr über die Hintergründe dieser Entwicklung, und wie die Fed auf Rezession reagieren könnte.
Ein im Rahmen des Zinskommentars schon öfters thematisierte Rezessionsindikator ist die Entwicklung der sog. Zinsstrukturkurve. Diese beschreibt den Verlauf der Zinsen auf Staatsanleihen über verschiedene Laufzeiten. In der Regel steigt der Zins mit der Laufzeit, da Geldgeber länger auf die Rückzahlung waren müssen. Es kann aber auch vorkommen, dass die kurzfristigen Zinsen die langfristigen Zinsen übersteigen. Dann spricht man von einer inventierten Zinsstrukturkurve. Auf eine solche Entwicklung ist in der Vergangenheit nahezu immer eine Rezession eingetreten (Vgl. Abbildung 1). Insbesondere dann, wenn sich die Zinsstrukturkurve von einem invertierten in einen normalen Zustand zurückentwickelt. Die Zinsstrukturkurve wird also steiler bzw. die Differenz aus kurz- und langfristigen Zinsen wird wieder größer (Vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen minus Rendite zweijährige US-Staatsanleihen
Quelle: Fred (2024); eigene Darstellung
Die Gründe einer steileren Zinsstrukturkurve sind vielseitig. In der Fachwelt unterscheidet man zwischen einem „Bear Steepener“ und einem „Bull Steepener“. Im Falle eines Bear Steepener sinken die kurzfristigen Zinsen schneller als die langfristigen Zinsen. Wie der Name schon vermuten lässt, ist der Bear Steepener Vorbote einer Rezession. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Zinssenkungen erwarten werden, die dazu oft von einer schwächelnden Inflation und Wirtschaft begleitet werden. Das senkt die kurzfristigen Inflationserwartungen und damit den Zins, der von Kreditgebern verlangt werden kann. Genau diese Entwicklung ließ sich die letzten 12 Monate in den USA beobachten (Vgl. Abbildung 1). Im Falle eines Bull Steepeners hingegen steigen die langfristigen Zinsen, während die kurzfristigen Zinsen konstant bleiben oder etwas fallen. Hierbei handelt es sich um eine Wirtschaft, bei der ein hohes Wirtschaftswachstum mit anziehender Inflation erwartet wird. Das lässt die Zinsen am oberen Ende ansteigen. Letzte Woche schwenkte der Markt auf einen Bull Steepener, da die Einkaufsmanager-Indizes und die Arbeitsmarktberichte kurzfristig sehr positiv gemeldet wurden. Böse Zungen behaupten, dass diese Zahlen geschönt wurden, da es die letzten Arbeitsmarktzahlen vor den Wahlen sind.
Die große Frage stellt sich nun: Wie lange bleibt der neue Trend des Bull Steepeners bestehen, und ab wann kehren Rezessionssignale zurück?
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