Dotcom-Blase 2.0?!
Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar
In den vergangenen Monaten hat die Finanzwelt einen regelrechten KI-Boom erlebt. Milliarden flossen in neue Start-ups, Halbleiterhersteller und Softwarekonzerne, die vom Siegeszug künstlicher Intelligenz profitieren sollen. Die Bewertungen vieler Unternehmen stiegen rasant und mit ihnen die Frage, ob sich hier eine neue Blase gebildet hat, die bald platzen könnte. In der heutigen Ausgabe des Zinskommentars gehen wir der Frage nach, wie sich ein solches Szenario auf die Zinslandschaft auswirken könnte.
Seit dem Tiefpunkt im April 2025, ausgelöst durch die damaligen Handelskonflikte, ist der S&P 500 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Das wertvollste Unternehmen der Welt ist inzwischen Nvidia - Symbol einer Branche, die derzeit die Fantasie der Anleger beflügelt. Doch die entscheidende Frage lautet nicht, ob KI nur ein übertriebener Hype ist, sondern was geschieht, wenn die Euphorie kippt. Unternehmen, die KI-Technologien liefern (etwa Nvidia) oder anwenden (wie OpenAI), stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Zugleich zeigt sich eine deutliche Konzentration der Investitionen auf wenige dominante Akteure - ein Muster, das Märkte verwundbar macht.
Abbildung 1: S&P 500

Quelle: Fred (2025); eigene Darstellung
Viele Investoren sehen enormes Potenzial in der Technologie und wollen den Trend keinesfalls verpassen. Dadurch entsteht eine Eigendynamik: ein begrenztes Angebot an investierbaren Unternehmen trifft auf eine hohe Nachfrage seitens institutioneller Anleger. In diesem Umfeld entstehen schnell Bewertungen, die sich zunehmend von den realwirtschaftlichen Grundlagen entfernen, sowohl an den Börsen als auch im privaten Beteiligungsmarkt.
Eine Blase platzt typischerweise, wenn Erwartungen enttäuscht werden. Bleiben die erhofften Umsätze oder Effizienzgewinne aus, oder schwindet das Vertrauen in die künftige Leistungsfähigkeit der Unternehmen, setzen abrupte Verkäufe ein. Findet sich dann keine ausreichende Zahl an Käufern, geraten die Kurse ins Rutschen. Die Folge: Panikverkäufe, Kursverluste und erhebliche Belastungen für Banken, Fonds und private Investoren.
Wie stark sich ein solcher Einbruch auf die Gesamtwirtschaft auswirken könnte, lässt sich aus der Dotcom-Krise zu Beginn der 2000er Jahre ableiten. Auch damals führten überzogene Erwartungen an neue Technologien zu massiven Marktverwerfungen. In der Regel reagieren Zentralbanken in solchen Phasen mit Zinssenkungen, um Kreditvergabe und Investitionen zu stabilisieren, unabhängig davon, in welcher Branche die Krise ihren Ursprung hat.
Eine mögliche KI-Blase sollte daher nicht wie frühere spekulative Episoden betrachtet werden. Selbst wenn sie platzt, bedeutet das nicht, dass künstliche Intelligenz überschätzt wäre. Vielmehr könnte ein solcher Rückschlag Teil eines längeren Reifungsprozesses sein, in dem sich überzogene Erwartungen mit der Realität wirtschaftlicher Umsetzung anpassen. Schon heute deuten erste Anwendungen darauf hin, welches transformative Potenzial in der Technologie steckt, auch wenn sich dieses erst über Jahre hinweg vollständig entfalten dürfte.
Blasen platzen oft bei Kombination mehrerer Parameter, wie zum Beispiel wenn eine Erwartung von steigenden Zinsen vorherrscht oder eine Hochzinsphase besteht.
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